Der Philippinenlauf

13.03.2017 - 21:31

Januar 2016: Ein Email erreicht den Ettenheimer Andreas Amann. Thomas Dornburg, Ultraläufer und selber Laufveranstalter, plant für Februar 2017 den 1. Philippinenlauf. „Ich kenne Thomas sehr gut. Er ist seit 5 Jahren mit der Philippinin Susan Qunidoy verheiratet und war schon mehrere Male zu Besuch bei der Familie von Susan. Deshalb brauchte ich nicht lange zu überlegen, und der Startplatz war gesichert,“ erzählt Amann. So nach und nach merkt Amann dann, auf was für ein Abenteuer er sich da einlässt. Veranstaltungsort ist Saud bei Pagudpud. Die Gemeinde befindet sich in der Provinz Ilocos Norte ganz im äußersten Nordwesten des Landes auf der Hauptinsel Luzon gelegen. Direkt am südchinesischen Meer  zeichnet sich Pagudpud durch seine Strände, den Patapat Nationalpark, aber auch uralte Regenwälder, Wasserfälle sowie die Gebirgskette Cordillera Mountain Range aus. Aufgrund seiner Lage gibt es hier so gut wie keine Touristenströme, aber auch keine Infrastruktur. So sollte Amann bei seinem 3-wöchigen Aufenthalt keine Touristen zu Gesicht bekommen.Schon die Anreise gestaltete sich als ein kleines Abenteuer. Über Dubai erreichte Amann Manila, die Hauptstadt der Philippinen. Beim Transfer vom weit außerhalb gelegenen Terminal 3 zu Terminal 1, wo ein Treffpunkt vereinbart war, erwischte er in dem  vorherrschenden Chaos den falschen Bus und kam so zu einer unfreiwilligen, über 2-stündigen Stadtrundfahrt in Manila. „Das war zwar sehr interessant, aber nach einer Reisezeit von über 24 Stunden wollte ich eigentlich nur noch zum vereinbarten Treffpunkt, was sich aber nun erledigt hatte. Aber wir hatten für diesen Fall von Thomas alle Informationen wie wir dann selbstständig unsere Reise fortsetzen können. So ging es dann mit einem Taxi über 1 Stunde nochmals durch Manila zu einem zentralen Busparkplatz. Dort erreichte ich noch den letzten Überlandbus nach Pagudpud. Jetzt stand mir nur noch eine 11-stündige Busfahrt in den Norden der Philippinen vor, dann hatte ich mein Ziel erreicht,“ erinnert sich Amann. Die 17-Läuferinnen und Läufer aus Deutschland, Niederlanden und Österreich waren alle bei Thomas oder in der Nachbarschaft untergebracht. Die Teilnehmer mussten sich erstmal an die sehr einfache Unterbringung gewöhnen. „Ich hatte direkt ein Zimmer im Haus von Thomas zugewiesen bekommen. Aber Thomas hatte mich schon vorgewarnt, dass es sich hierbei noch um eine Baustelle handelt und alles etwas improvisiert sei. So sollte ein mit Wellblech abgedeckter Bretterverschlag auf einer halbfertig betonierten Decke über der Wohnküche von Susan und Thomas für 3 Wochen meine Wohnung sein“, erinnert sich Amann. Ein angenehmer Nebeneffekt war, dass man unmittelbar die Düfte u. Gerüche der philippinischen Küche mitbekam. Entschädigt wurden die Läufer durch den nur 200 m entfernten traumhaften weißen Sandstrand.Aber all dies sollte schon am nächsten Tag in den Hintergrund geraten, denn es stand der erste von sechs geplanten Läufen auf dem Programm. „Jeder Lauf hatte mindestens 43 km, die längste Etappe 50 km. Dazu kamen noch unzählige Höhenmeter, da die Strecken immer wieder auch in die Berge führten. Das alles bei hoher Luftfeuchtigkeit und Temperaturen teilweise weit über 30 C.  Neben asphaltierten Küstenstraßen führten die markierten Etappen die Läufer vorbei an Reisfeldern, Bergwald und Dschungel. Höhepunkte waren immer wieder die abenteuerlich anmutenden  Hängebrücken, aber auch die zahlreichen Flussdurchquerungen. Der Tagesablauf gestaltete sich immer gleich. Um 5.00 Uhr Frühstück mit Reis und Eiern, um 6.00 Uhr dann der Start bei Sonnenaufgang.Der Ettenheimer Rohan Runner Andreas Amann kam mit diesen Bedingungen sehr gut zu recht. „Ich war total überrascht, dass ich bei der 1. Etappe als zweiter das Ziel erreichte. Das gleiche Kunststück gelang mir dann nochmals bei der zweiten Etappe. Dann kamen aber einige Läufer, die zu Beginn noch mit Problemen zu kämpfen hatten, besser ins Rennen. Nach 6. Etappen erreichte ich dann Gesamtplatz 4. Ein Ergebnis mit dem ich zuvor nie gerechnet hätte,“ zieht der Läufer des LVE Ettenheim ein zufriedenes Fazit. Von den 17 gestarteten Läuferinnen und Läufer sollten 12 alle Etappen finishen. Neben den Renntagen blieb aber auch noch genügend Zeit Land und Leute kennen zu lernen. Für Amann sind diese Eindrücke immer noch präsent: „ Überall begegneten wir freundlichen, hilfsbereiten Menschen, wurden mit einem freundlichen „Good Morning Sir“ begrüßt und ab und zu auch gefragt, was man denn hier mache. Es muss für die Bevölkerung hier schon ein skuriles Bild gewesen sein, Europäer in bunten Laufklamotten mit Laufrucksack, schwitzend und schnaufend über die Insel laufen zu sehen. Diese Art von Sport ist hier eigentlich unvorstellbar und völlig unbekannt. Thomas hatte zwar versucht einheimische Läufer zu finden, was ihm aber nicht gelang,“ erzählt Amann schmunzelnd. Auch eine weitere Befürchtung erwies sich vor Ort als völlig unbegründet. Man war zwar überall von wilden, streunenden Hunden umgeben, aber erstaunlicherweise hielten diese immer gebührend Abstand, liefen ein paar Meter mit und trollten sich dann wieder davon. Kein einziger Läufer erlebte hier eine gefährliche Situation, ganz im Gegensatz zu den vielen unangenehmen Begegnungen mit Hunden in Deutschland.„Eine tolle Reise abseits der Touristenströme, mittendrin bei der Familie von Susan und ihren Verwandten und dazu noch natürlich über 300 tolle, abenteuerliche Laufkilometer. Aber auch die Erkenntnis, das eigene Konsumverhalten kritisch zu überdenken, wenn man sieht, wie man auch mit Dingen, die bei uns auf dem Sperrmüll landen, leben kann und das Glück nicht unmittelbar von materiellen Dingen abhängt  sowie die Erkenntnis nicht alles bis ins letzte Detail planen zu müssen, sondern wieder etwas mehr auf Kreativität und Improvisation zu vertrauen.“